Der Badeort Budapest

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Der Titel unserer Hauptstadt ist kein gewöhnlicher. Das Attribut bezeichnet eine Qualität, genauso, wie ein Adelstitel, der hochstehenden Familien zugesprochen wird: er zeichnet eine Gemeinschaft aus und stellt ein Privileg dar. Die Benennung "Badeort Budapest " ist die Folge einer langen Entwicklung, in deren Verlauf die natürlichen Schätze der Stadt zur Geltung kamen.

Die Quellen der Stadt wurden schon seit uralten Zeiten so verehrt, wie es heiligen Stätten gebührt. Die Gewohnheit zu baden, verbunden mit religiösem Inhalt, konnte zuerst bei den östlichen Völkern unter den Anhängern der Hindi-Religion beobachtet werden. Der älteste Fund von vor etwa fünftausend Jahren wurde in den Tälern des Indus entdeckt, wo bereits Wasserleitungen, Badezimmer und Badebecken von alter, ritueller Badekultur zeugten.

Irgendwann in grauer Vorzeit erhielt das belebende Wasser eine neue Bedeutung. Über die Reinigung der Seele und den Glauben hinaus erwartete man davon auch Heilung für die Krankheiten des Körpers.
Als natürliches Heilmittel, als einfach zugängliches und nutzbares Element war das Wasser von jeher die Grundbedingung zur Entfaltung des Lebens, für Erfrischung, Erneuerung und Heilung gewesen.
Der klassische Denker und Arzt des hellenistischen Altertums Hyppokrates, Verkünder der natürlichen Heilmethoden, stellte fest: "...Wasser ist schließlich doch das Beste."

Die empirischen Erkenntnisse der Philosophie wurden im Laufe der Geschichte der Medizinwissenschaft immer durch Fragen nach Art der Heilung und nach Ursachen der Krankheiten vorangetrieben. Dabei blieb das Interesse an natürlichen Heilmethoden erhalten. Der Mensch strebte danach, die Geheimnisse der Natur zu ergründen, um sie sich nutzbar zu machen. Mensch und Tier suchten gleichermaßen bei den heißen und kalten Quellen Linderung für ihre Leiden. In prähistorischer Zeit wurden die Methoden und Praktiken von Generation zu Generation weitergegeben, insbesondere die, die sich erfahrungsgemäß am besten bewährt hatten. In der Urzeit beschränkte sich die Beschäftigung mit den Krankheiten auf die Frage nach der Heilung, und sei es auch durch Beschwörung, diverse Proben, Exorzismus oder die Anwendung magischer Mittel.
Die Kenntnis der Anatomie entwickelte sich erst langsam, die Heilmethoden waren primitiv.
Die Heilkunde entfernte sich zunehmend von der Tätigkeit eines Paracelsus, Sebastian Kneipp oder Vincenz Prießnitz. Manche ihrer Gegner sagten ironisch, sie hätten "das warme und kalte Wasser neu entdeckt ". Die nachfolgenden medizinischen Schulen aber waren sich bereits einig, dass die beste Grundlage für natürliche Heilmethoden, der wichtigste Aspekt einer auf Prävention ausgerichteten Methodik in der Rehabilitation der Wasserheilkunde samt ihrer komplexen Therapien sowie in der kimatischen Therapie liegt.

Das heutige Budapest war seit Urzeiten bewohnt gewesen und wurde seit zweitausend Jahren ihrer Bäder wegen gerühmt. Viele Spuren belegen Niederlassungen verschiedener Stämme in der Gegend -das römische Lager und die Badehäuser der zweiten Legion in Aquincum, in der Provinz Pannonia, sind Zeugen des ersten Kapitels dieser Zeit.
Der früheste belegbare Fund nach der Eroberung des Landes durch die Magyaren stammt aus dem Jahre 1178. Hier wird zum ersten Mal eine Siedlung namens Felhévíz (Obere Heißquelle) auf dem Gebiet des jetzigen Óbuda-Újlak (Heilbäder Lukács und Császár) urkundlich erwähnt. Der auf Krankenpflege spezialisierte Johanniterorden gründete hier eine Siedlung, sie bauten ein Bad und ein Hospital. Spätere Quellen berichten davon, dass die "Krankenpflegeanstalt" am Fuße des heiligen Berges Gellért nach der Heiligen Elisabeth benannt wurde, aus Verehrung für die Tochter des Königs Endre II. Zum zweiten Höhepunkt in der Geschichte unserer Bäder kam es zur Zeit der türkischen Herrschaft. Öffentliche Badeanstalten wurden an Heilwasserquellen erbaut, es entstand eine eigene, anspruchsvolle Badekultur mit besonderen Stilmerkmalen. Das Wunderbarste daran ist, dass wir diese türkischen Bäder nach fast einem halben Jahrtausend nicht nur bewundern, sondern auch benutzen können. Zu Recht nannte man deshalb unsere Hauptstadt das "Mekka der Rheumatiker".

Der dritte Höhepunkt kam zur Zeit der Aufklärung. Bereits im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts gab es Studien, die die Nutzbarkeit der heißen Quellen von Buda belegen. 1792 wurde gemäß einer Verordnung von Maria Theresia, Königin von Ungarn und Kaiserin von Österreich, die "Analyse und Erfassung aller Mineralquellen auf Kosten der Schatzkammer" durchgeführt. 1812 begann man, auf die Initiative von Pál Kitaibel hin, die Daten über die Heilkraft der heißen Quellen zu sammeln. Kitaibel war es auch, der die erste Hydrographie Ungarns auf Papier setzte.
Die Stadt an den beiden Ufern der Donau, die auch ihre Insel umfließt, förderte ihre Heilbäder mit einer ihre allgemeine Entwicklung bei weitem übertreffenden Geschwindigkeit. Die Bäder erfüllten nicht nur die Anforderungen jener Zeit, sondern weit darüber hinaus, bis in unsere Zeit hinein.

Anfang der 30-er Jahre wurde Budapest, als Hauptstadt mit den meisten heilenden Thermalerquellen der Welt, die Auszeichnung "Badeort" gewährt. Auf Veranlassung des Budapest Fürdõváros Egyesület (Verein Badeort Budapest ) wurde hier 1937 der erste Internationale Kongreß für Balneologie veranstaltet.

Im Gellért Thermalbad wurde der Internationale Verband der Balneologie mit ständigem Sitz in Budapest gegründet. Dies wurde vom Kongress wie folgt begründet:
"...es gibt keine Stadt, die mit mehr Recht einen Anspruch darauf erheben könnte, als Budapest, das von der Natur verschwenderisch mit wunderbaren Heilquellen und beispiellosen natürlichen Schönheiten gesegnet wurde; hinzu kommt die medizinische Kompetenz, die ausgezeichnete Ausstattung der Pflegeeinrichtungen, das hohe Niveau der wissenschaftlichen Forschung. All dies prädestiniert sie dazu, zum Zentrum der internationalen Angelegenheiten der Thermalbäder zu werden..."